Mythos Pflanzenlampen

Um kein Thema beim Indoor Anbau ranken sich derart viele Mythen und Legenden wie um die Pflanzenlampen. Wir gehen der Sache auf den Grund und beleuchten die gängigsten Trugschlüsse.
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Wenn es um Indoor Anbau geht, gibt es wohl kaum ein Thema, das so emotional aufgeladen ist, wie die Beleuchtung. Spektren, Wattzahlen, High-End-Chips usw. – beim Fachsimpeln über Grow-Lampen kursiert leider viel Halbwissen und Humbug.

Wir wollen in diesem Blogeintrag mit den häufigsten Missverständnissen aufräumen. Es gibt unseriöse Anbieter am Markt, die von Fehlinformationen profitieren – wir wollen jedoch aufgeklärte Kunden mit informierten Entscheidungen. Die meisten werden schon auf dubiose Angebote für LED Grow Lampen gestoßen sein – daher erübrigt es sich mit dem Finger auf einzelne Marktteilnehmer zu zeigen. Die meisten Leser werden wissen, welche Angebote hier gemeint sind.

Mythen und Legenden

Mythos 1: Lumen sind ein guter Vergleichswert

Was für Allgemeinbeleuchtung zutreffen mag, ist ein Mythos wenn es um Pflanzenlampen geht. Inzwischen wissen zum Glück die meisten, dass die SI-Einheit Lumen nach der Empfindlichkeit des menschlichen Auges gewichtet ist. Wenn man sich die V-Lambda Kurve ansieht, wird einem sofort klar, dass bei Lumenmessungen blaues und rotes Licht unterbewertet wird, während das grüne und gelbe Licht einen unfairen Vorsprung bekommt. Dabei sind für die Photosynthese alle Wellenlängen zwischen 400 und 700 nm relevant. Ein häufig erwähnter Merksatz auf Englisch lautet: Lumens are for humans!

PAR im Vergleich zu Lumen
Hellempfindlichkeitskurve (V-Lambda) im Vergleich zu PAR: Die Einheit Lumen bildet die Strahlungsleistung nach der Empfindlichkeit des menschlichen Auges ab. (Quelle: Wikipedia)

Mythos 2: PPFD zeigt die Effizienz der Pflanzenlampe

Die Verunsicherung um die geeigneten Vergleichswerte wird oft ausgenutzt. PPFD ist tatsächlich ein für Pflanzenbeleuchtung relevanter Wert. Er wird jedoch fälschlicherweise oft dafür verwendet, verschiedene Pflanzenlampen miteinander zu vergleichen. Jedoch ist PPFD in µmol/m²s eine Messeinheit, die für den Praxiseinsatz gedacht ist. Damit wird überprüft, wie gut eine Pflanzenlampe eine spezifische Anbaufläche ausleuchten kann – wobei nicht nur die Lichtquelle selbst ausschlaggebend ist. Insbesondere spielt die Installation (Höhe) und die Beschaffenheit des Raums (Anbaufläche, reflektierende Materialien etc.) eine große Rolle. Weil jeder anders misst und die meisten Hersteller bzw. Tester die Randbedingungen nur zum Teil offen legen, ist ein neutraler Vergleich faktisch unmöglich. Die Tendenz PPFD als Vergleichswert zu benutzen, ist verständlich. Nicht jeder Hersteller ist in der Lage, teure und aufwendige Tests in einer Ulbrichtkugel durchzuführen. Dazu ist es sehr verlockend, die eigenen Produkte durch Manipulation der Testumgebung in ein besseres Licht zu rücken oder die Vergleichbarkeit zu erschweren.

Mythos Pflanzenlampen 1
Nicht manipulationssicher: Wir testen die PPFD, um eine praxisnahe Vorstellung von der Ausleuchtung eines Raums zu bekommen. Der schwarze Boden absorbiert dabei einen Großteil des Lichts, ähnlich wie ein dichtes Blätterdach. Würde man einen reflektierenden Untergrund benutzen, wären die Werte deutlich höher.

Mythos 3: Vollspektrum ist das einzig Wahre

Mythos Pflanzenlampen 2
Bei niedrigen Lichtintensitäten ist violettes Pflanzenlicht als Mischung aus blauem und roten Licht sinnvoll. Rote und blaue LEDs sind effizienter, weil keine Verluste durch eine Floureszenzbeschichtung entstehen, wie es bei weißen LEDs der Fall ist. (Bild: Wikipedia)

Nachdem das “Blurple”-Licht durch viele Billigprodukte in Verruf gerieten und weiße LEDs für die Allgemeinbeleuchtung immer effizienter wurden, hat sich ein Konsens ergeben: Weiße Vollspektrum Pflanzenlampen seien absolut überlegen.

Wie so oft bei Mythen steckt zwar ein Fünkchen Wahres dahinter – die ganze Geschichte ist allerdings differenzierter zu betrachten. Es gibt viele Studien und Theorien die sich gegenseitig widersprechen, da die Wirkung verschiedener Lichtspektren auf Pflanzen noch lange nicht ausreichend erforscht ist.

Was aber erwiesen ist: Rote und blaue Wellenlängen können durchaus genügen, um gesundes Pflanzenwachstum zu ermöglichen. Insbesondere bei niedrigen Intensitäten und bei einfachen Kultivaren, etwa Salatpflanzen, hat sich dieses Spektrum als vorteilhaft erwiesen, weil Licht in den roten und blauen Wellenlängen sehr einfach und effizient herzustellen ist.

Anders verhält es sich jedoch offenbar, wenn hohe Lichtintensitäten erforderlich sind, etwa im Blütestadium bei vielen Pflanzen. Eine Theorie besagt, dass die Chloroplasten an der Blattoberfläche dann zur Sättigung neigen und nur noch grünes Licht noch weit genug eindringt, um mehr Photosynthese zu ermöglichen. Ob man wirklich weißes Vollspektrum benötigt, hängt also von der Anwendung ab.

Mythos 4: Leistungsaufnahme zum Lampenvergleich

Was bei NDL und anderen Hochdruckentladungslampen legitim scheint, ist bei LEDs meist ein Trugschluss. Denn die Bandbreite an verschiedenen Effizienzklassen ist bei LED enorm. So gibt es durchaus LEDs die weniger Licht pro Watt liefern als die klassische NDL. Dagegen erreichen moderne, hochwertige Exemplare den doppelten Output pro Watt.

Mythos Pflanzenlampen 3
Typisches Angebot auf Internetmarkplätzen. Oft mit irreführenden Produktbeschreibungen.

Mythos 5: Eine 180 W LED ersetzt 600 W NDL

Vorsicht ist auch bei Vergleichen mit traditionellen Leuchtmitteln geboten. Auf den großen Online-Marktplätzen finden sich oft Produktbezeichnungen wie “600 W LED Grow Light”. Solche Produkte aus Fernost sind schon für unter 100 € erhältlich und täuschen gleich zweifach: Zuerst wird suggeriert, dass das Gerät eine derart hohe Leistungsaufnahme hat – liest man unter den technischen Angaben dann genauer nach, befindet sich die tatsächliche Leistungsaufnahme meist deutlich darunter – weniger als ein Drittel ist durchaus die Regel. Später wird erklärt, dass das „600 W LED Grow Light“ eine Natriumdampflampe mit 600 W ersetzen könne – der Titel also als Marketing entlarvt. Dass eine 180 W LED Lampe dazu in der Lage sein soll, erscheint dennoch den Gesetzen der Physik zu widersprechen. Die effizientesten LEDs verursachen aktuell etwa 50% weniger Stromverbrauch als eine Standard-NDL.

Mythos 5 ½: Leistungsaufnahme von LEDs und Chips

Da wir schon bei Amazon und Ebay sind, sollen die allgegenwärtigen Werbeaussagen, dass soundsoviele 5 Watt oder 3 Watt LED Chips verbaut sind nicht unerwähnt bleiben. Hintergrund ist, dass LEDs vom Hersteller mit einem „Maximum Rating“ versehen werden, welches die maximal zulässige Leistungsaufnahme der LED bezeichnet. In echten Leuchten-Designs können diese hohen Werte meist aus mehreren Gründen (Effizienzabnahme, Kühlung, teurere Stromversorgung etc.) nicht realisiert werden. Leider hält das die Marketing-Genies auf Amazon und Ebay nicht davon ab, damit Ihr Produkt zu bewerben und ahnungslose Kunden hinters Licht zu führen.

Fazit

Jedem Indoor-Gärtner sollte klar sein, welche Faktoren beim Vergleich von Pflanzenlampen relevant sind. Leider hat nicht jeder die Vorkenntnisse und die Zeit, sich eingehend mit der Thematik Pflanzenbeleuchtung zu beschäftigen. Dies führt dazu, dass viele Käufer von unseriösen Herstellern mit pseudo-objektiven Kennzahlen auf eine falsche Fährte gelockt werden. Kennt Ihr noch weitere solcher Mythen, die in Produktbeschreibungen und Fachforen verbreitet werden? Lasst es uns wissen, wir klären den Sachverhalt gerne und ersparen somit hoffentlich dem ein oder anderen einen Fehlkauf.

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2 Kommentare zu „Mythos Pflanzenlampen“

  1. Lazerus

    Hallo… Bin neu in der Crescience Community, meine ranger900 ist auf dem Weg zu mir… Es wäre toll wenn man bei eventuellen Problemen gleich Leute fragen kann, die die gleiche Technik benutzen und ihre Erfahrungen beim Umgang mit der ranger teilen würden…
    Gerade was das Wärmemanagement betrifft würden mich Verbesserungen interessieren…
    Bis bald…

    1. crescientist

      Hi Lazerus,
      danke für Deine Bestellung und viel Spaß mit dem Ranger 900. Wenn Du Fragen hast, kannst Du Dich auch gern immer direkt bei uns melden. Bezüglich Wärmemanagement: Der Ranger erreicht im Betrieb Temperaturen von ca. 55°C, was eigentlich unkritisch ist. Zusätzliche Kühlung ist aber immer gut. Das kannst Du zum Beispiel erreichen, indem Du Ventilatoren auf die Kühlkörper richtest, oder die Oberfläche der Kühlkörper vergrößerst.
      Viele Grüße
      Dein Crescience Team

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